Der Süden Islands wartet auf uns
28. August: Nun müssen wir uns aber sputen, die Hälfte unserer Islandzeit ist bereits vorüber. Aber es warten noch viele Highlights auf uns. Zunächst besuchen wir den geschichtträchtigen Ort Thingvellir, wo 1944 die Republik Island ausgerufen wurde. Ein kleines Kirchlein und eine weite Ebene bildeten damals den Versammlungsplatz der Masse. Gleich nebenan verläuft die Erdspalte, die durch die Driftung der eurasischen und der nordamerikanischen Platte sich jedes Jahr um 2 cm verbreitert – ein Lehrstück der Plattentektonik, ein Muss für jeden Geologen. Am Abend erreichen wir dann endlich die Hauptstadt Reykjavik.
29. August: Bei schönstem Wetter Aufbruch zur Stadtbesichtigung. Mit gut 120 000 Einwohnern ist die Hauptstadt Reykjavik die größte Stadt des Landes und beherbergt die Hälfte aller Isländer. Obwohl Sonntag, reges Treiben auf allen Straßen und ein Verkehr, den wir lange nicht mehr kannten. Touristenmassen strömen durch die Gassen bis hinauf in die berühmte Hallgrimskirkja. Turmbesteigung und Fischessen beim TV-Fernsehkoch Magnus Magnusson im Hafen gehören zum Pflichtprogramm. Die berühmte Blaue Lagune meiden wir, die Umgebung ist allerdings wieder einmal atemberaubend: Aus allen Spalten zischt, stinkt und dampft es, bevor sich das heiße Wasser in der Lagune sammelt. Dort baden allerdings nur die Touristen. Wir ziehen da ein kleineres Bad in der Umgebung vor.
30. August: Der goldene Ring
Nordöstlich von Reykjavik liegt der berühmte „Golden Circle“ mit den Highlights Geysir, Strokkur und dem größten Wasserfall Islands, dem Gullfoss. Hier muss jeder Reisende gewesen sein, so auch wir. Noch einmal spüren wir die Gewalten unseres Planeten im Innern und im Äußeren. Grandios, wie am Gullfoss in mehreren Stufen die Fluten hinabstürzen. Wir erinnern uns spontan an die Niagarafälle in Kanada. Grandios auch die Touristenströme, die die Souveniershops stürmen. Selbst isländische Bergluft steht zum Verkauf und wird insbesondere von Chinesen gerne gekauft. Beim Öffnen der Dose können sie dann kurz ihre Atemmaske absetzen!
31. August Ab in die Highlands – einmal und nie wieder!
Was hat uns da nur geritten? So extrem hatten wir uns das nicht vorgestellt! Nach 15 Flussdurchquerungen geben wir genervt in einer Almhütte auf. Für 100.- € kommen wir dort in einem Massenlager unter, an Camping ist hier bei 0°C und ohne Strom nicht zu denken. Allerdings war es eine Fahrt, die an Abenteuer und grandiosen Landschaften kaum zu überbieten ist, Island ist eben einmalig! Nach jeder Kurve ein neuer Ausblick, die Kamera läuft heiß und man kommt kaum voran. In Landmannslauga mitten im Hochland trifft man nur Hardcore-Camper. Mitten im Sumpf schlagen sie ihr Igluzelt auf um sich dann in der nahe gelegenen heißen Quelle aufzuwärmen. Wanderer werden hier mit geführten Touren besonders belohnt. Hier machen wir uns schnell aus dem Staub, noch nicht wissend, dass nun erst die Flussdurchquerungen, Steigungen bis 20% und Schlaglöcher, in die das halbe Auto hineinpasst, beginnen und kein Ende nehmen. Jedes Mal befürchten wir, mitten im Fluss stecken zu bleiben, denn man ahnt nie, wie tief es da wird (fotografieren können wir allerdings nur diejenigen, die man auch durchwaten kann). So sind wir gegen Abend froh, überhaupt noch ein Quartier gefunden zu haben, auch wenn wir das Bettlager mit 20 Leuten teilen müssen. Ich kann mit meinem lauten Schnarchen gut schlafen – ob das die anderen auch können???
Mitten in der Nacht weckt uns ein Rancher: “Stand up, Nordic Lights!“ Tatsächlich, wir werden Zeugen der ersten Polarlichter in diesem Jahr. Am Himmel wabern die grünen Banden, ein eidrucksvolles Erlebnis. So versöhnt uns diese Erscheinung mit den Wirren dieses Tages.
1. September Back to Nr. 1
Jetzt aber so schnell wie möglich wieder zurück zur durchgängig asphaltierten Ringstraße Nr.1. Der Rancher versichert uns, dass wir auf den restlichen 60 km keine Flussdurchquerung mehr fürchten müssen. Erleichtert und geheilt vom Offroad-Fieber kehren wir in die Zivilisation zurück. Von Vik aus wollen wir dann gemütlich Richtung Osten gondeln und auch da noch diverse Highlights mitnehmen. In einer Woche wartet die Fähre in Seydisfürdö auf uns.
2. September Kalte Nacht und erfolgreicher Tag
Die Nacht war mal wieder eiskalt und stürmisch, doch unser Freund „Heizi“ hat uns im Auto warm gehalten. Der Tag beginnt trist, doch dann folgen wieder große Erlebnisse: Am Black Beach von Vik treffen wir die längst als abgereist vermuteten Puffins (Papageientaucher). Hier leben sie in einer geschützten Felsnische. Sie haben offensichtlich auf uns gewartet! Auch dieser kilometerlange schwarze Strand und die schroffen Klippen beeindrucken uns sehr, so dass wir langsam in Zeitnot geraten.
3.-7. September Der Vorhang schließt sich in der Gletscherregion
Im wahrsten Sinne des Wortes schließt sich der Vorhang in Form von Nebel, Regen und Kälte, wie üblich in den Ostfjorden. Das ist die Region, die auch die berüchtigten Islandtiefs nach Mitteleuropa bringt. Für uns geht die Reise langsam zu Ende und wir verbringen die letzten 3 Nächte in einem Guesthouse in Reydarfjördür nur noch 50 km vor unserer Fährabfahrt in Seydisfjördur. Hier tanken wir im nahegelegenen Hot Pot Wärme und bessern unsere Vorräte für die Schifffahrt auf.
Gletscher an Gletscher reihten sich auf unserer letzten Etappe auf der Nr. 1 entlang der Südküste bis in die Ostfjorden. Atemberaubend der Anblick der bis zur Straße reichenden Gletscherzungen, wo sie ihre Eisladungen in die berühmten Lagunen werfen. Highlights dieser Strecke waren der Skaftafell-Nationalpark am Vatnajökull-Gletscher mit 8300 qkm einer der größten Gletscher Europas. Und dann natürlich für jeden Touristen ein Muss, die Eis-Lagune Jökulsarlon, eine der großen Touristen-Abgreifereien. Hier platzen die Touribusse am laufenden Band um dann die gesamte Senioren-Ladung in die Amphibienfahrzeuge umzubetten. Wir begnügen uns mit einem Rundgang und begegnen da auch noch Robben, die sich zwischen den Eisschollen vergnügen. Weiter nach Süden werden die Ebenen immer weitläufiger und unbewohnter. Die Landschaft versinkt zunehmend im Nebel, so dass wir den Eindruck eines trüben Novembertages gewinnen – dann hat unsere Reise also doch 3 Monate gedauert? Jetzt träumen wir in unserer warmen Unterkunft und im 40 Grad heißen Hot-Pot nur noch von einer angenehmen Nordatlantikpassage. Es war eine fantastische, unvergessliche Reise !!!!!!!
Camping in Island
Mit dem eigenen Auto und Zelt durch Island zu reisen ist sicherlich die preisgünstgste Alternative dieses Land kennen zu lernen. Da aber allein die An- und Rückreise schon 6 Tage in Anspruch nimmt, taugt sie nur für Studenten und Pensionäre. Die arbeitende Bevölkerung muss daher mit Flug und Leihwagen zurechtkommen. Die Campingverhältnisse sind aber in diesem Land so hart, dass eigentlich nur Jugendliche oder junggebliebene Rentner mit den widrigen Verhältnissen zurechtkommen. Da ist zunächst das Wetter, das nur bekennenden Kaltduschern eine Chance gibt. Nachttemperaturen auch im Sommer bis nahe an den Gefrierpunkt, Regen und pfeifender Sturm lassen Warmduscher alt aussehen. Nur eine besonders gute Ausrüstung, warme Bettflaschen oder ein Heizer an Bord lassen einen überleben. Dazu kommen die schlecht ausgestatteten Campingplätze, die von mitteleuropäischen Standards weit entfernt sind. Meist nur viel zu wenige Toiletten, unsaubere Duschen und oft nur ein einziges Handwaschbecken für 50 Leute. Darin soll man sich waschen, die Zähne putzen und dann manchmal auch noch das Geschirr spülen! Das führt dazu, dass am Morgen 10 Leute vor dem Waschraum im Freien stehen und sich frierend die in Island scheinbar vorgeschriebenen 3 Minuten die Zähne schrubben. Die Überbleibsel werden dann ins Gras oder das erwähnte Handwaschbecken gespuckt, in dem gerade ein anderer sein Geschirr spült. Klingt vielleicht ein wenig übertrieben, aber wir haben das so erlebt – nicht überall, aber mehrmals. Die Campingplätze sind dem Touristenansturm (30% Zunahme in diesem Jahr) einfach nicht gewachsen! Am Tag sind sie fast leer, aber am Abend füllen sie sich. Da es dann aber kalt wird, stürmen alle in den warmen Aufenthaltsraum, der aber meist viel zu klein bemessen ist. Darin wird gekocht (zum Teil auf Elektroplatten, zum Teil auf eigenen Kartuschenbrennern am Tisch), gegessen und natürlich intensiv das Internet per Wifi genutzt, und jeder braucht da eine Steckdose zum Aufladen seiner Akkus, was zu abenteuerlichen Verkabelungen bei viel zu wenig Anschlüssen führt. Interessant, wie die einzelnen Nationen speisen und surfen. Wenn dann der Ansturm vorbei ist und sich alle in ihr kaltes Zelt oder kleines Auto zurückgezogen haben, sieht es aus, wie bei Hempels hinterm Sofa und am Morgen geht es dann wieder in den Waschräumen hoch her. Erfreulich sind die Übernachtungskosten. Mit der im Voraus für 110.-€ zu erwerbenden CampingCard kann man auf 41 im ganzen Land verteilten Plätzen immerhin 28 Übernachtungen für jeweils 2 Personen begleichen. So kommt man bei intensiver Nutzung auf unter 10.-€ pro Nacht. Ohne Card liegen die Kosten zwischen 20 und 40 Euro.
Die allerhärtesten Hardcore-Camper sind diejenigen, die mit dem Fahrrad oder gar zu Fuß unterwegs sind. Unter ihnen trifft man Weltreisende, die schon Jahre so unterwegs sind. In der Regel junge Leute, die sich eine Auszeit gönnen, aber auch alte Zausel, die vom Abenteuer nicht lassen können. Die meisten gönnen sich aber einen kleinen Leihwagen oder einen Minicamper, in dem man wenigstens schlafen kann. Die echten Freaks mit dickem Geldbeutel fahren einen Superjeep, meist einen aufgemotzten Toyota Landcruiser mit Schnorchel und mit Dachzelt. Wir selbst bildeten so etwa die „Mittelschicht“. Allrad-Pickup mit Zelt und einer Feldküche, in der es an nichts fehlte: Wasservorrat mit Handpumpe, Kochplatten aller Art für Strom und Kartuschengas und einem Lebensmittelvorrat für mindestens 3 Wochen. Darum hat man uns oft beneidet, wenn wir an unserem eigenen Tisch (Ladeklappe) saßen. Man sieht nur wenige Wohnmobile, die natürlich in dieser kalten und nassen Region in deutlichem Vorteil sind. Wohnwagen sieht man nur vereinzelt, sie sind für die isländischen Straßen ungeeignet, es sei denn, sie sind speziell für Offroad-Touren gebaut, auch das haben wir gesehen. Dann sind da noch die „Actionmobile“ auf Allrad-Lkw-Basis, die ein Normalverdiener aber kaum bezahlen kann. Sie treiben sich vereinzelt in allen Ecken des Landes herum, bevorzugt im Hochland.
Obwohl wir mit einem gewissen Stolz alle Strapazen dieses Zelt-Camperlebens gut überstanden haben, empfehlen wir für eine Island-Campingreise einen kleinen Campingbus mit Schlafgelegenheit, Heizung und Kochmöglichkeit. Ein Vorzelt kann man sich auf jeden Fall sparen, darin ist es eh zu kalt oder es macht sich bei Sturm selbständig.
Finanziell interessant ist die Nutzung eines eigenen Mobils, wenn es nacheinander von mehreren Familienmitgliedern genutzt wird. Dann kann man sich die Fährpassage teilen und billige Flüge nutzen. Eine zur Fährpassage preisgünstigere Alternative ist die Verschiffung des Mobils mit einem Frachtschiff und Flug nach Reykjavik. Für Kurzreisen bis 2 Wochen empfiehlt sich nur der Flug und ein Mietwagen. Dafür gibt es Pauschalangebote verschiedener Anbieter. Und wem das alles zu teuer ist, der muss eben zu Hause bleiben, allerdings entgeht ihm dann eine Traum-Abenteuerreise! Thats Iceland, my friend!
Island: Fakten und Eindrücke